Stammzellen sind in allen Phasen des Lebens anwesend - von den frühesten Stadien der Entwicklung als embryonale oder fetale Stammzellen bis hin zum erwachsenen Organismus als adulte Stammzellen. Sie bilden die Grundlage für das regenerative Potential unseres Körpers. Verantwortlich dafür sind zwei besondere Fähigkeiten der Stammzellen:

  1. Stammzellen sind weitgehend unspezialisierte Vorgängerzellen, die in der Lage sind sich in verschiedene Zelltypen oder Gewebe umwandeln zu können. Diesen Prozess der Spezialisierung nennt man Differenzierung.
  2. Im Gegensatz zu differenzierten Zellen sind Stammzellen in der Lage sich unbegrenzt zu teilen. Dadurch können jederzeit neue Stammzellen gebildet werden.

Die Vielfalt der Stammzellen

Stammzellen werden anhand ihrer Herkunft und ihres Differenzierungspotentials unterschieden. Dabei besitzen totipotente Stammzellen (lat. totus = ganz) das volle Differenzierungspotential. Aus ihnen kann ein kompletter Organismus entstehen. Pluripotente Stammzellen (lat. plus = viele) dagegen sind zwar ebenfalls voll differenzierungsfähig, jedoch kann aus ihnen kein eigener Organismus entstehen. Multipotente Stammzellen (lat. multus = zahlreich) sind bereits stärker spezialisiert – sie können sich nur in Zellen einer bestimmten Linie differenzieren. Beispielsweise sind mesenchymale Stammzellen Vorläufer für Knochen-, Knorpel-, Muskel-, Leber- und Fettzellen.

Embryonale Stammzellen

Die befruchtete Eizelle ist totipotent, d.h. aus ihr kann ein ganzer menschlicher Organismus gebildet werden. Die daraus hervorgehenden embryonalen Tochterzellen sind in der Lage mehr als 200 unterschiedliche Zelltypen hervorzubringen, können jedoch keinen neuen Organismus entstehen lassen. Daher werden sie als pluripotent bezeichnet. Pluripotente Stammzellen werden 5-7 Tage nach der Befruchtung aus der Blastozyste gewonnen.
Aufgrund ihres unbegrenzten Vermehrungspotentials und ihrer Differenzierungseigenschaften sind humane embryonale Stammzellen sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die klinische Forschung von großem Interesse. Jedoch ist ihr Einsatz für die regenerative Medizin ethisch sehr bedenklich, da für die Gewinnung von embryonalen Stammzellen Blastozysten (eine frühe Form des Embryos) zerstört werden müssen. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass embryonalen Stammzellen nach einer Therapie im Patienten aggressive Teratome (Krebstumore) bilden und daher ist ihr Einsatz aus unserer Sicht nicht vertretbar.

Induzierte Pluripotente Stammzellen

Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) sind Zellen, die im Labor durch künstliche Reprogrammierung gewebespezifischer Zellen (wie z.B. Hautzellen) in Zellen umgewandelt werden, die sich ähnlich wie embryonale Stammzellen verhalten. Dadurch, dass die Forschung an iPS-Zellen weniger ethische Probleme mit sich bringt als die an embryonalen Stammzellen, haben diese Zellen ein hohes medizinisches Potential. Allerdings neigen iPS-Zellen ebenfalls häufig zu Entartungen, wodurch das Risiko einer Tumorbildung im Patienten steigt. Daher sind diese Stammzellen als Zelltherapeutikum nur bedingt geeignet.

Adulte Stammzellen

Stammzellen existieren auch im ausgewachsenen Körper in zahlreichen Geweben. Sie befinden sich im Knochenmark, Gehirn, Fettgewebe sowie in der Leber, der Haut und in den Blutgefäßen. Ihre Aufgabe ist die Erneuerung (Regeneration) des umliegenden Gewebes. Sie besitzen ein geringeres Differenzierungspotential als die embryonalen Stammzellen und werden daher als multipotent bezeichnet. Da von ihnen keine Erhöhung des Krebsrisikos ausgeht sind adulte Stammzellen für die Medizin von großem Nutzen und werden für die Therapie einer Vielzahl an Beschwerden und Krankheiten eingesetzt.
Mesenchymale Stammzellen sind adulte Vorläuferzellen des Stütz- und Bindegewebes. Zu ihnen zählen auch die Stammzellen aus Fettgewebe, die sogenannten ASCs (adipose-derived stem cells). Sie verfügen über ein hohes Proliferationspotential und besitzen entzündungshemmende Eigenschaften. Darüber hinaus können ASCs in zahlreiche Zelltypen (Muskel-, Knorpel-, Knochen-, Leberzellen) differenzieren, und so geschädigtes Gewebe ersetzen. Daher sind sie so vielversprechend für die Therapie degenerativer Erkrankungen, wie z.B. der Behandlung von Arthrose, akuten Lebererkrankungen (akutes Leberversagen und Leberzirrhose) aber auch bei Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Lupus oder Diabetes Typ I.

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